NewsProzessmanagement, Kontinuierliche Verbesserung & Co

27. Februar 2017by Björn Richerzhagen
Lesedauer 5 Min
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Im Interview spricht Björn Richerzhagen über das Thema Operational Excellence.

Das Interview wurde geführt mit der Redaktion einer kundeninternen Unternehmenszeitschrift und ist am 01.08.2016 erschienen. Dessen Inhalt wurde uns zur eigenen (auszugsweisen) Veröffentlichung dankenswerter Weise zur Verfügung gestellt.

A: Herr Richerzhagen, vielen Dank für Ihre Zeit. Heute wollen wir über das Thema Operational Excellence sprechen. Was verstehen Sie darunter und wieso ist das Thema von Bedeutung?

Zum Thema Operational Excellence gibt es zahlreiche Definitionen aus Praxis und Wissenschaft. Wir verstehen Operational Excellence als Managementansatz, um die Führung, die Organisation, eigensetzte Methoden und Instrumente sowie die Unternehmenskultur fortlaufend auf die Unternehmensziele auszurichten und jeden Tag daran zu arbeiten, Gutes noch ein bisschen besser zu machen.

„Gutes noch ein bisschen besser machen“

Die Fähigkeit, die eigene Effizienz und Effektivität zu verbessern in Reaktion auf Marktveränderungen, aber auch in Vorbereitung auf Innovationsspünge, ist Voraussetzung für nachhaltigen wirtschaftlichen Erfolg. Dies gilt für alle Branchen gleichermaßen, insbesondere aber für den deutschen Mittelstand. Dieser hängt davon ab, wirtschaftlich und somit ressourcenschonend zu arbeiten, flexibel auf Marktanforderungen zu reagieren und Risiken bei Investition zu reduzieren. Hier müssen die Unternehmen nicht einfach nur gut sein, sie müssen exzellent sein, um auf internationalen Märkten bestehen zu können.

A: Der Mittelstand ist Aushängeschild der deutschen Wirtschaft. Offenbar macht er viele Dinge richtig. Warum sollen mittelständige Unternehmen sich mit dem Thema Operational Excellence beschäftigen?

Das stimmt. Wir können stolz auf unseren Mittelstand sein. Die Praxis zeigt jedoch auch, dass ein kontinuierliches Streben nach Verbesserung nicht einschlafen darf. Unternehmen, die sich intensiv mit Operational Excellence beschäftigen, verzeichnen teilweise reduzierte Betriebskosten von über 30% und die Mitarbeiterproduktivität verbesserte sich im zweistelligen Prozentbereich. Dies alles hat Einfluss auch das Betriebsergebnis des Unternehmens. Darüber hinaus sind deren Kunden begeistert von einer Verbesserung der Prozesslaufzeiten, die Vermeidung von Verschwendung und die Erhöhung der Qualität. Verantwortungsvolle Unternehmer können solch ein Verbesserungspotential nicht ignorieren.

Björn Richerzhagen zum Thema Operational ExcellenceA: Wie kann Operational Excellence hier genau solche Ergebnisse erreichen? Können Sie den Ansatz etwas konkretisieren?

Viele Überlegungen stammen aus der Automobilbranche der späten 1980er und frühen 1990er Jahre. Als asiatische Autohersteller den Automobilmarkt überschwemmten mit günstigen Fahrzeugen, entwickelten Sie auf Basis etablierter Prozess- und Managementwerkzeuge die Fähigkeit, die Produktionskosten schnell zu senken und die Gesamtwirtschaftlichkeit des Unternehmens zu verbessern. Methoden, die hier zum Einsatz kamen waren beispielsweise Gruppenarbeit, Total Qualität Management, Just-in-time-Lieferkonzepte oder SixSigma. Als europäische und amerikanische Automobilhersteller die Fähigkeiten ebenfalls ausbilden wollten, scheiterten sie. Dies lag primär darin begründet, dass in den westlichen Unternehmen keine Veränderungskultur existierte, die durch das Management unterstützt und weiterentwickelt wurde. Die Führungskräfte müssen Veränderung und Anpassung vorleben, Änderungen bei der Belegschaft einfordern und eine Kultur schaffen, in der fortlaufende Verbesserung funktionieren kann.

Die damaligen Methoden werden auch heute noch im Kontext von Operational Excellence eingesetzt, es sind aber noch weitere Methoden hinzugekommen, die insbesondere eine stärkere Verknüpfung von Unternehmensstrategie und eingesetzter Werkzeuge erlauben. In Operational Excellence-Initiativen arbeiten wir daher heute basierend auf einer Strategie an den Management-Fähigkeiten, an der Aufbau- und Ablauforganisation, an der Optimierung der eingesetzten Methoden und an der Unternehmenskultur. Nur wenn diese Einflussfaktoren ganzheitlich betrachtet werden, kann Operational Excellence die genannten Erfolge ausweisen. Andernfalls freuen wir uns zwar über kurzfristige Optimierungserfolge, eine Nachhaltigkeit ist nicht zu erwarten.

„Nur wenn diese Einflussfaktoren ganzheitlich betrachtet werden, kann Operational Excellence
die genannten Erfolge ausweisen.“

A: Das klingt sehr umfassend. Wir können sich Unternehmen dem Thema Operational Excellence nähern?

Zunächst einmal sollte das Unternehmen eine Vision und Strategie ableiten. Dies bildet stets die Basis für weitere Aktivitäten. So kann nun beispielweise sichergestellt werden, dass die Führungskräfte mit einer Stimme die Ziele des Unternehmens präsentieren, dass daraus entsprechende Teilzeile für Verantwortungsträger abgeleitet werden und eben auch, dass ein Rahmenwerk für eine Operational Excellence Initiative gebildet werden kann.

In einem zweiten Schritt wird dann das Wissen der Belegschaft benötigt. Diese müssen eingebunden, befähigt und motiviert werden in einem Umfeld zu agieren, welches sich fortlaufend verändert und anpasst. Dies ist anstrengend, in Einzelfällen auch mal nicht erfolgreich und schafft daher Unsicherheiten. Diese müssen ausgeräumt werden und es muss versichert werden, dass Versuch und Irrtum fortan zur Unternehmenskultur gehört, dass Fehler kein individuelles Versagen darstellen, sondern eher Zeugnis des Muts sind, auch risikoreiche Themen im Sinne des Unternehmens anzugehen. Die Ideen der Mitarbeiter stellen einen großen Fundus dar, aus dem Verbesserungsideen geschöpft werden können.

„…dass Fehler kein individuelles Versagen darstellen, sondern eher Zeugnis des Muts sind,
auch risikoreiche Themen im Sinne des Unternehmens anzugehen.“

Darüber hinaus sind dann aber auch methodische Fähigkeiten zu entwickeln, um das Gesamtsystem entsprechend der Unternehmensziele zu optimieren. Methoden wie Kaizen, 5M, 6-Level, Kanban, SixSigma oder andere können vielleicht in Frage kommen. Mitarbeiter sind zu befähigen, diese anzuwenden. Danach müssen erzielte Erfolge verstetigt werden, um zu verhindern, dass der Ur-Zustand wieder herbeigeführt wird. Das neue System ist dann meist noch instabil. Hier kommen die Führungskräfte wieder ins Spiel. Sie müssen die Veränderung verstetigen und dauerhaft als geltende Lösung vertreten.

A: Unternehmen agieren heutzutage stark über Software-Tools. Welche Rollen spielen diese im Umfeld des Operational Excellence?

Sind Verbesserungen umgesetzt worden und laufen stabil, kann darüber nachgedacht werden, wie diese technisch unterstützt werden. Das können Eigenentwicklungen sein, aber auch Standardprodukte am Markt. Aktuelle Technologien haben das Potential hier weitere Effizienzvorteile zu erzielen. Diese machen aber wirklich nur Sinn, wenn die organisatorischen Lösungen bereits gut funktionieren. Eine schlechte Organisation wird durch Technik zwar schneller, aber nicht besser. Bedauerlicherweise wollen einige Unternehmen das nicht wahrhaben.

„Eine schlechte Organisation wird durch Technik zwar schneller, aber nicht besser.
Bedauerlicherweise wollen einige Unternehmen das nicht wahrhaben.“

Ist einmal eine technische Lösung gefunden, egal ob Individual-Software und Standardprodukt, muss die fortlaufende Optimierung auch hier fortgeführt werden. Selten ist die Software nach der Einführung optimal, auch hier können Dinge verbessert, vereinfacht, etc. werden. Wiederum stehen hier die Führungskräfte in der Verantwortung, die solche Verbesserungspotentiale erkennen und anstoßen müssen.

A: Wenn Sie in fünf Sätzen beschreiben auf was es ankommt bei Operational Excellence, wie würde dies klingen?

Ein langfristiges Top-Management-Committment für Veränderung sowie eine kohärente Vision und Strategie für das laufende Geschäftsmodell ist nötig. Daraus abgeleitet ist das Führungspersonal zu befähigen, das Engagement der Mitarbeiter zu aktivieren, Methodenkenntnisse in der Organisation zu verankern, moderne Instrumente bereitzustellen und identifizierte Potentiale zügig umzusetzen. Darüber hinaus, muss genügend Geduld aufgebracht werden, da Führungsverhalten und Kultur sich nicht über Nacht verändern. Kommunikation und Visualisierung sind sehr hilfreiche Hilfsmittel, um alle Mitarbeiter zu motivieren.

A: Wir danken für dieses Gespräch!

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Björn Richerzhagen

Der gelernte Kaufmann, Betriebswirt und Wirtschaftsinformatiker ist einer der gefragtesten BPM-Experten. Der BPM-Rationalist ist seit nunmehr zwei Dekaden an der Schnittstelle zwischen Fachbereichen und Technik unterwegs und versteht sich als Übersetzer zwischen den Welten. Als BPM-Berater und Trainer ist er OCEB- und CBPP-zertifiziert und begleitet Prozess-Initiativen auf Unternehmensebene ebenso wie Prozessautomatisierungs-Projekte als Workflow-Analyst. Privat setzte sich der Familienvater in zahlreichen Community-/Charity-Projekten ein, reist gerne (Europa und Afrika), hört viel Musik (alles was Bass hat) und ist begeisterter Hochseesegler.

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